Soll und Haben by Freytag Gustav

Soll und Haben by Freytag Gustav

Autor:Freytag, Gustav
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00


»Nein«, versetzte Specht; »denn es kostet Geld, und Sie wissen, ich habe keinen hohen Gehalt, und ich fürchte, ich werde auch nicht mehr kriegen, als jetzt. Von Hause aus hatte ich Vermögen«, sagte er wichtig, »aber ein Vetter von mir, der mein Vormund war, hat mich darum gebracht. Hätte ich's noch, könnte ich vielleicht mit vieren fahren. Glauben Sie mir, ich wäre auch nicht glücklicher. Wenn nur der Pix nicht so grob wäre«, klagte er wieder. »Es ist schauderhaft, Wohlfart, das alle Tage anhören zu müssen. – Ich wollte ihn fordern, während Sie verreist waren«, rief er und wies auf ein altes Rapier, dessen Klinge hinter dem Bett hervorragte. »Aber er benahm sich schlecht. Ich schrieb ihm, daß es mir sehr leid täte, ihn fordern zu müssen, und es wäre mir gleichgültig, wo er sich mit mir duellieren wollte. Ich schlug ihm entweder den Berg auf der Promenade vor oder auch unsern Oberboden, wo Raum genug ist, und ersuchte ihn um eine Mitteilung über die Waffen, welche er für passend hielte. Da schrieb er mir unhöflich zurück, er würde sich nur im Hausflur duellieren, wo er sich alle Stunden des Tages aufhielte, und was die Waffen beträfe, so könnte ich fechten, womit ich wollte, seine Waffe wäre der große Pinsel, er sei bereit, mir auf jede Backe eine Signatur zu machen. Sie werden mir zugeben, das ich darauf nicht eingehen konnte.« Das gab Anton zu.

»Jetzt hetzt er die andern Kollegen wider mich auf«, fuhr Specht kleinlaut fort. »Der Zustand ist für mich unerträglich, ich kann gar nicht mehr mit den andern zusammensein, ohne daß ich beleidigt werde. Aber ich weiß, wodurch ich mich räche. Ich spare jetzt. Wenn die Kürbisse erst blühen, dann gebe ich allen einen Satz, nur Pix lade ich nicht ein; wie er's damals mit Ihnen gemacht hat, Wohlfart. Ich will uns beide an ihm rächen.«

»Gut«, sagte Anton, »das gefällt mir. Aber wissen Sie was: da auch ich den Kollegen eine Aufmerksamkeit schuldig bin, so wollen wir beide zusammen das Fest in Ihrer Stube geben.«

»Das ist ausgezeichnet von Ihnen, Wohlfart«, rief Specht glücklich.

»Und wir wollen nicht warten«, fuhr Anton fort, »bis die Kürbisse groß geworden sind, sondern wollen uns unterdes durch anderes Grün helfen.«

»Gut«, sagte Specht, »vielleicht durch Tannenbäume.«

»Ich werde dafür sorgen«, fuhr Anton fort, »und endlich wollen wir Pix nicht ausschließen, sondern gerade dazu laden. Das ist eine viel feinere Rache, die Ihres guten Herzens am würdigsten ist.«

»Meinen Sie?« frug Specht zweifelhaft.

»Gewiß«, sagte Anton. »Ich schlage nächsten Sonnabend vor, die Einladung machen wir gemeinschaftlich.«

»Schriftlich«, rief Specht vergnügt, »auf rosa Papier.«

»Das ist recht«, sagte Anton. Darauf berieten die beiden in der Laube die nähere Einrichtung des Festes.

Die Kollegen waren nicht wenig verwundert, als sie einige Tage darauf durch bunte Billette, die Herr Specht geheimnisvoll vor Anfang der Comtoirstunden auf den Platz eines jeden gelegt hatte, zur Kürbisblüte in Herrn Spechts Stube eingeladen wurden. Da Antons geachteter Name mit unterzeichnet war, so blieb ihnen nichts übrig, als die Einladung anzunehmen. Unterdes zog Anton das Fräulein in das Geheimnis



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